Sommer Wanderung auf’s Hörnli

 Die Devise für Dienstag, 9. August 2011 lautete „Mit den Wanderfreunden Heitenried kannst du hoch hinauf“. Weil der Sommer ein Timeout nahm strafte sich dieses Motto selbst Lügen. Statt vom Gr. St. Bernhard über den „Fenster-Pass“ auf 2’698m ins Val Ferret ging es „nur“ auf 1’133m hinauf. Die Wetterprognosen für das Wallis (Schneefall bis 2000m, Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt und böenartige Winde) machten eine Programmänderung unumgänglich. Weil alle eine Gemeindetageskarte im Sack hatten, kam eine generelle Absage nicht in Frage. Der Wanderleiter erinnerte sich an einen sehr schönen Streckenteil des Schwabenwegs (Jakobsweg) und stellte das Programm für die Gegenrichtung zusammen. Für eine Gruppenreise an einem Dienstag sind die Plätze in Zügen und Postautos bis Samstagmittag zu reservieren, also galt es zu handeln.

 Mit 19 Personen im Schnellzug von Bern nach Zürich, weiter mit der S-Bahn nach Rüti und dann mit dem „Thurbozug“ nach Steg im Tösstal. Nach dem Startkaffee beim Bahnhof, 695m, beginnt der Aufstieg bei bedecktem Himmel, zum Wandern ideal, zum Fotografieren weniger. Langsam aber regelmässig bewegt sich der Tatzelwurm bergwärts. Tanzplatz wird nach einer Stunde erreicht. Nach einer Verschnaufpause weiter auf den Aussichtsberg Hörnli. Im Wissen, dass das Berggasthaus geschlossen ist, haben alle das Picknick im Rucksack und geniessen es auf der schützenden Ostseite vor dem kalten und böenartigen Westwind, der über die Anhöhe fegt. Im Internet ist zu lesen: „Es gibt kein zu schlechtes Wetter auf dem Hörnli, nur ungenügende Kleidung“. Ungenügend müsste man an diesem Tag mit „nicht sturmfeste Kleidung“ ersetzen. Weil es kein Panorama, nicht einmal auf einer Panoramatafel zu bewundern gibt, steigen wir um die Mittagszeit auf der Nordseite hinunter. Die Regenfront vermag uns vorerst nicht einzuholen. Überall in der Gemeinde Fischenthal laden Sitzbänke mit den Aufschriften „Heimat der Olympiasieger und Weltmeister Philipp und Simon Schoch“ zum Verweilen ein. In der Nähe des Dreiländersteins der Kantone ZH/TG/SG geht’s nach Chaltenbrunnen auf 922m, wo uns Truthühner mit ihren trut-trut-trut-Rufen aus Freude, Stolz oder Zorn empfangen. Nach Allenwinden geht’s steil hinunter. Unmittelbar nach Ankunft bei der Käserei in Au/TG prasselt der Regen hernieder. Der stört uns nicht mehr, denn wir werden vom Käserehepaar Heinzer nach Strich und Faden verwöhnt, dies trotz der sehr kurzfristigen Anmeldung, was wir sehr zu schätzen wissen. Die Käseplatte schmeckt ausgezeichnet, der Weisswein dazu ebenfalls. Franz Heinzer erzählt uns interessante Fakten aus seinem Betrieb und Anekdoten aus dem Dorf im thurgauischen Tannzapfenland. Kaffee und Nussgipfel zum Schluss lassen uns die Berggasthäuser vergessen. Weil die Käserei am Jakobsweg liegt, werden auch nur christliche Preise verlangt, auch für den von vielen gekauften speziellen Pilgerkäse.

Bei nunmehr sonnigem und warmem Wetter geht’s nach einer langen aber kurzweiligen Pause weiter nordwärts der Murg entlang. Fischingen auf 613m wird nach einer halben Stunde erreicht, mit seinem imposanten Benediktiner-Kloster. Für die Besichtigung dieser wunderschönen Klosterkirche im Barock- und Rokoko-Stil bleibt leider zu wenig Zeit, bevor uns das reservierte Postauto in einer halben Stunde nach Wil bringt. Es ist nun auch warm geworden, die Wanderjacken werden für den Rest des Tages im Rucksack verstaut. Um ein Umsteigen in Zürich zu vermeiden, wird ein Zug „übersprungen“. Das lohnt sich, denn das Zuschauen beim Aufbau des „Dachs“ für die Sendung „SF bi de Lüt“ am darauf folgenden Samstag, die Besichtigung der gepflegten Häuser in der Altstadt wie auch die Begehung der Fussgängerzone sind höchst attraktiv. In weniger als zwei Stunden sind wir in Bern, alle Reservierungen bei der Bahn und beim Postauto klappten einwandfrei, die Angaben per SMS auf’s Handy waren sehr dienlich. Kurz nach 19 Uhr sind alle wieder in der Heimat, wo ein unvergesslicher Ausflug sein Ende findet.

Diese Wanderung kann auch anderen Wandergruppen bestens empfohlen werden. Aufstieg 438m (1½ h), Abstieg 520m (1¾ h), total 3¼ h Wanderzeit. Nicht zu vergessen ist aber in jedem Fall ein Besuch des Klosters Fischingen und der Käserei in der Au.

Beat Schmutz