Osterglocken im Schnee

 

Anfangs April des Vorjahres machte der Wanderleiter in fünf Stunden eine Wanderung von Nods zum Hôtel Chasseral, weiter am Turm vorbei über die Jurakrete ostwärts bis Les Colisses, hinunter zur Métairie de Prêles und durch die Prés Vaillons zurück nach Nods. Beim Aufstieg auf aperen Wiesen und auf dem Grat an vielen Krokussen vorbei, beim Abstieg dann durch riesige Felder mit Millionen von Osterglocken (jonquilles). Ideal für die Wanderfreunde Heitenried, aber mit Start beim Hôtel Chasseral, dachte er sich. Programm im November erstellt, Datum aber zwei Wochen später angesetzt wegen des schönen Aprils im 2011.

25 Personen warten sehnsüchtig auf die Rückkehr des Frühlings. Zwei Mietbusse und das Mittagessen im Berggasthaus Prägelz sind bestellt. Ausser Petrus macht alles mit. Er lässt diesmal den Schnee liegen und gibt am Wochenende noch einen ordentlichen Haufen drauf. Strasse von Nods zum Chasseral hinauf gesperrt, auf der Nordseite zu Didier Cuche nach Les Bugnenets/NE hinunter sowieso. Eine Schneeschuhwanderung war nicht geplant. Die Ostereier haben wir gefunden, die Osterglocken wollen wir nicht auch noch suchen.

Umdisposition: Essen am Sonntag bei der Métairie abbestellt. Am Vortag der Wanderung machen sich Wanderleiter Beat mit dem neuen Vize Kurt auf die Suche nach Alternativstrecken. Im dichten Schneegestöber bei knapp über null Grad C erleben sie Überraschungen. Nach dem oberen Ausstieg aus der Twannbachschlucht hinauf zum Twannberg. “Sie hätten keinen Platz für unsere Gruppe” wurde dem Leiter im Voraus gemailt. Im mit edlem Parkett ausgestatteten Essraum sind am Montag aber höchstens ein halbes Dutzend Personen auszumachen.

Beim Weiterwandern nach Lamboing fegt uns die Bise beissend kalt und messerscharf ins Gesicht. Nach dem reichhaltigen und günstigen Mittagessen im “Cheval Blanc” zeigt uns der weniger heikle Wirt den Saal für unsere Gruppe am Folgetag. Wir bestellen sofort 25 Menus für Dienstag. Auf die Frage nach dem möglicherweise verdreckten Schuhwerk schaut er uns nur verdutzt an. Weiter mit dem Auto nach Magglingen. Vom Restaurant Bellavista der Eidg. Sportschule werden wir zum Kaffeeautomaten im “Grand Hotel” verwiesen. Das Mail des Chefs mit dem “Okay” für einen Kaffee am nächsten Morgen ist offenbar nicht bis in die untere Etage gedrungen. Das Restaurant “Ende der Welt” hat Betriebsferien, die Bergwirtschaft “Hohmatt” Mo/Di geschlossen. Die Aussicht vom Lothurm ist ziemlich begrenzt, die Bise bläst uns erbarmungslos wieder hinunter. Bei der Talfahrt mit dem Auto nach Biel finden wir doch noch ein ganz heimeliges Restaurant, das “Beaulieu” in Évilard/Leubringen. 25 Cafés mit Gipfeli bestellt. Fazit: Im meinem Kopf werden nur zwei Gaststätten langzeitgespeichert.

Der Ausflugstag, 17. April, ist für die beiden Auskundschafter des Vortags ein Replay. Nach der mühsamen Fahrt durch Biels Vororte und die Stadt schmecken Kaffee und Gipfeli in Leubringen köstlich. Weiter nach Magglingen. Die Wanderung beginnt unterhalb der Jubiläumshalle, führt durch das weitflächige Sportgelände zum “End der Welt” und geht weiter auf die Hohmatt zum Lothurm. Der im 2003 erstellte 25 m hohe Aussichtsturm mit 99 Treppenstufen wurde aus Lotharholz erbaut. Bei klarer Sicht würde man das ganze Panorama zwischen Mont Blanc und Pilatus erblicken. Die Treppe eignet sich gut für ein Gruppenbild. Weiter gehts westwärts, vorbei am Waldhaus, zuerst durch Wälder. Im offenen Gelände trifft die Gruppe dann doch noch grössere Felder voller Osterglocken an.

Bei der Einmündung des unteren Wanderweges von Magglingen her ist dann die Sicht frei auf den Bielersee und die St. Petersinsel, noch nicht verdeckt vom Laub. Die Sonne scheint seit Langem wieder einmal, es herrscht eine fröhliche Stimmung. Twannberg, herrliche Aussichtsplattform. Die Berner Alpen zieren sich aber immer noch sich zu präsentieren. Blick ins Restaurant, gleiches Ergebnis wie gestern, nahezu leer. Wir wandern über das Plateau de Diesse nach Lamboing hinunter. Aus dieser Perspektive ragt das Berghotel Chasseral gerade noch aus dem Schnee heraus. Der Wirt im Weissen Rössli in Lamboing winkt uns von Weitem und geht zurück an den Herd. Das Menü schmeckt wie am Vortag ausgezeichnet. Wir tun uns gütlich und haben es zusammen sehr gemütlich.

Nach zwei Stunden heisst es aufbrechen. 20 Minuten bis zur Glasbläserei Zünd mit seinen filigranen Glaskreationen in Les Moulins, beim Einstieg in die Twannbachschlucht (Mo/Di geschlossen). Meterhohe Felswände türmen sich beidseits des Baches. Kleinere und grössere Wasserfälle tosen in die Tiefe, dazwischen beschleunigt sich das Wasser rasant, um unter lautem Getöse in einen kleinen See zu stürzen. Der Wanderweg überwindet eine spektakuläre Passage nach der anderen. Mal über einen kühn angelegten Holzsteg, dann wieder unter den zum Teil metertief unterhöhlten Felsen durch. Der Schluchtweg ist gegenüber dem Vortag nicht wiederzuerkennen. Keine rutschigen Steinplatten mehr, das Laub ist trocken. An heiklen Stellen ist er durchwegs mit stabilen Geländern gesichert und weist nirgends gefährliche Partien auf. Immer und immer wieder hält Kurt, der die Führung durch die Schlucht übernommen hat an, um allzu Eilige auf die Schönheiten der Natur und der Schlucht aufmerksam zu machen. Gerne werfen alle nach dem Verlassen am unteren Ausgang einen Zweifränkler ins Kässeli. Beim Känzeli hoch über Twann werden die beiden Busfahrer im malerischen Twann unten lauthals begrüsst. Auf der Rückfahrt gibts noch einen Abschlusstrunk in Ins worauf die beiden Kleinbusse in Richtung Murten bzw. Kerzers heimwärts fahren. 

Diese attraktive Tour kann natürlich auch anderen Wandergruppen bestens empfohlen werden. Wer mit der Bahn anreist, kann die nostalgische Standseilbahn ab Biel nach Magglingen benützen und in Twann wieder die Bahn besteigen. Der kleine Umweg zum Restaurant “Cheval Blanc” in Lamboing (Do geschlossen) lohnt sich aber in jedem Fall. Die Wanderung dauert mit dem Umweg über Lamboing knapp vier Stunden mit 200m Aufstieg (ab Bergstation des Funi) und 650m Gefälle.

         Twannbach-Schlucht | Gorges

Beat Schmutz

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